Geschwister Jesu

Bibelfenster zum 15. Juni 2012:

Um Jesus herum saß eine Volksmenge. Da sagten einige zu ihm: „Deine Mutter, deine Brüder und deine Schwestern sind draußen und suchen dich.“ Er antwortete ihnen und sagte: „Wer ist meine Mutter? Wer sind meine Geschwister?“ Er schaute sich um, sah sie im Kreis um ihn herum sitzen und sprach: „Ihr seid meine Mutter und meine Geschwister. Alle, die den Willen Gottes tun, sind mein Bruder, meine Schwester und Mutter.“

Bibel in gerechter Sprache, Markus 2, 31-35

 

Nein, das Aufregendste an dieser Bibelstelle finde ich nicht die Verwandtschaftsverhältnisse Jesu. Was haben sich Gelehrte nicht schon die Köpfe darüber zerbrochen, ob Jesus nun leibliche Geschwister hatte oder nicht. Es geht heiß her um den (biologischen) Status seiner Mutter.
Ergiebiger sind eine Beobachtung und eine Frage, die sich aus diesem Evangelium ergeben. Zuerst die Beobachtung: Jesus will Geschwister haben. Wie schön! Und für diese enge Beziehung zu ihm gibt’s nur ein einziges Kriterium. Wer den Willen Gottes tut, ist ihm verwandt.

Dann die Anschlussfrage: Wollen wir ihm diese Geschwister sein? In der Kirche höre ich oft die Zusage, Jesus ist unser aller Bruder. Wunderbar! Aber dieses Evangelium fragt tatsächlich nach, bei mir: Willst du ihm eine Schwester sein?
Keine Frage: Ja! Für diese klare Antwort macht mir meine eigene Erfahrung Mut. Ich habe viele Geschwister und heute viele Kinder, die einander Geschwister sind. Ich weiß: Jeder und jede ist anders. Und: Jeder und jede ist nicht wegzudenken aus der Familie. Das ist gut so.

Doch da steckt für die christliche Familie eine große Herausforderung. Eines nämlich kennzeichnet Geschwister auf alle Fälle – selbst wenn sie noch so verschieden sind: Sie gehören zusammen. Und eines können Geschwister, wie keine anderen: sich lieben und sich hassen. Wir brauchen ihn also sehr, den einen Vater im Himmel, um miteinander klarzukommen. Und in diesem Fall tatsächlich dieses eine „Familien-Kriterium“: Alle, die den Willen Gottes tun, sind Geschwister Jesu.

Martina Kreidler-Kos, Frauenseelsorge Osnabrück