Segen bringen, Segen sein

Bibelfenster zum 11. Januar 2013:

Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen. Herodes rief die Sterndeuter heimlich zu sich und ließ sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war. Dann schickte er sie nach Betlehem und sagte: Geht und forscht sorgfältig nach, wo das Kind ist; und wenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige. Nach diesen Worten des Königs machten sie sich auf den Weg. Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen. Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt.

Einheitsübersetzung, Matthäus 2, 1-12 (gekürzt)

In diesen Tagen ziehen Kinderscharen durch unsere Wohngebiete: die Sternsinger. Sie haben sich als „Heilige Drei Könige“ verkleidet, die der Sage nach ihre Gaben zu dem Kind in der Krippe bringen. Die Könige der Ursprungslegende wollen dieses Kind verehren und seine göttliche Größe durch die Kostbarkeit ihrer Geschenke anerkennen.  Wenn die Kinder in die Rolle der Könige schlüpfen, machen sie sich aber nicht zum Kind in der Krippe auf, sondern zu uns, sie besuchen uns zu Hause. Sie begeben sich nicht zum göttlichen Kind als der Quelle allen Segens schlechthin, sondern sie teilen Segen aus und bringen ihn in unsere Häuser. Sie verschenken auch keine Gaben wie die Könige, ganz im Gegenteil, sie erbitten diese für einen guten Zweck.

Machen sie etwas falsch? Fallen sie nicht aus ihrer Rolle? Ich denke, eigentlich erzählen sie die Geschichte vom Stern, der den Weg zur Krippe weist und von Menschen, die sich auf diesen Weg einlassen, nur konsequent weiter: Wer bei dieser Krippe an sein Ziel gekommen ist, der wird wieder aufbrechen. Wer durch alle Lebenswirren hindurch am Ende glauben kann, dass Gott Mensch geworden ist, den wird diese Erkenntnis in Bewegung bringen. Wer Segen erfahren hat, der will ihn weiterschenken; wer einen Gott gefunden hat, der solidarisch Mensch sein kann, der ermutigt zur Solidarität von Mensch zu Mensch. Wer wirklich an das Ziel seiner Suche angekommen ist, bricht von neuem auf und wendet sich anderen zu – wie die Sternsinger.

Das Bibelfenster

Hier kommentieren jede Woche Menschen aus dem Bistum Osnabrück eine Bibelstelle aus einer der aktuellen Sonntagslesungen – pointiert, modern und vor allem ganz persönlich.

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Nun waren es keine Könige, sondern laut der biblischen Geschichte – Sterndeuter, die dem Stern zur Krippe folgten. Wissenschaftler ihrer Zeit, die mathematisches Wissen weiter entwickelten und zugleich Visionäre, für die der Sternenhimmel ein Erkenntnishorizont war, um diese Welt zu verstehen und besser zu machen.

Ob nun Könige ihren Thron verlassen oder Wissenschaftler sich von ihren Erkenntnissen und Visionen führen lassen, spielt keine Rolle; wichtig ist wohl nur, dass sie bereit waren, sich zu einem Ziel führen zu lassen, das kein Endpunkt, sondern ein neuer Ausgangspunkt wurde. Vielleicht kann die Begegnung mit den Sternsingern, wenn sie dann zu Ihnen kommen sollten, Anlass sein zu fragen: Zu welchem Ziel bin ich unterwegs? Wird es mich – wie die Sternsinger – hinein in Gottes Bewegung zu den Menschen bringen?

Ina Eggemann