Christus König und die heutigen Herrscher

Schachfigur König
Bild: pixabay.com, klimkin

Über ihm war eine Tafel angebracht; auf ihr stand: Das ist der König der Juden.

Lukasevangelium 23, 38a (Einheitsübersetzung)

 

Welches Bild geben heute Könige ab? Buntes vom Leben der Schönen und Reichen. Skandalgeschichten und Prunkhochzeiten, Kronjuwelen und Staatsempfänge. Irgendwo zwischen harmlos und tragisch-komisch.

Zur Zeit Jesu waren Könige gefürchtet: Herodes wird im Evangelium als Kindermörder, als gottloser Schurke geschildert. Zuzutrauen war den damaligen Königen alles. Der Kampf in den Palästen um Macht, Ansehen und Reichtum wurde mit gnadenloser Härte und kalter Rücksichtslosigkeit geführt. Herodes brachte in seinem Verfolgungswahn fast seine ganze Familie um: Söhne, Gattin, Schwiegermutter, Vertraute. Persönlicher Ehrgeiz stürzte ganze Völker in Kriege und Verderben. Königsein hieß: Ruhm erwerben und Reichtum als Feldherr, Herrscher und Bauherr.

Und dann steht da dieses Bild des gefolterten Königs der Juden. Aus den Hoheitstiteln der Verheißungsgeschichte Jesu sind Spottworte geworden. Dornenkrone statt goldener Krone. Welche Provokation: ein gekreuzigter König, der die Ohnmacht wählt anstelle der Macht, den Dienst anstelle der Herrschaft, der seine Jünger lehrt, nicht erst der, der seinen Bruder erschlägt, sondern schon der, der ihm zürnt, soll dem Gericht verfallen sein, der Barmherzigkeit und Liebe lebt bis ans Kreuz.

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Welches Bild geben die Herrscher heute? Sie haben viele Namen. Schauen wir nach Syrien: Kindermörder, die Bomben auf Krankenhäuser werfen, die mit Giftgas töten. Terroristen, die Hunderte von jungen Frauen und Mädchen entführen. Soldateska, die mit russischen Raketen Passagiermaschinen mit Hunderten von Kindern, Vätern und Müttern abschießen. Islamisten, die Massaker im Namen Gottes verüben und Menschen vor laufender Kamera enthaupten. Politiker, die – wie im Südsudan – den Hunger als Waffe einsetzen. Die Reihe ließe sich fortsetzen. Endlos in Vergangenheit. Endlos in der Gegenwart.

Welche Provokation durch die Zeiten: der König am Kreuz, der verspottete und gefolterte Messias. Dornenkrone anstelle von Goldener Krone. „Die Kirche ist ja kein Gold- oder Silberladen“, sagte der Kirchenvater Chrysostomos im 5. Jahrhundert. Wenn du Gott ehren willst, so der Patriarch von Konstantinopel, tue das nicht allein hier (in der Kirche) mit seidenen Gewändern, sondern geh‘ draußen nicht an ihm vorüber, wenn du ihn nackt siehst. „Gott braucht keine goldenen Kelche, sondern goldene Seelen.“

Diakon Gerrit Schulte