Noch eine Chance

Bibelfenster zum 6. März

Jesus erzählte ihnen dieses Gleichnis: Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum; und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine.
Das sagte er zu seinem Weingärtner: Jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen?
Der Weingärtner erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen. Vielleicht trägt er doch noch Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen.

Einheitsübersetzung, Lukas 13,6-9

 

Die schöne Parabel vom fruchtlosen Feigenbaum hat etwas sehr Tröstliches. Da will einer die Axt schon anlegen, aber der Weingärtner fällt ihm in den Arm: Lass ihn dieses Jahr noch stehen. Gib ihm noch eine Chance. Vielleicht trägt er doch noch Früchte. Das ist mitten aus dem Leben erzählt. Wie oft mögen manche enttäuscht sein und außer dürrem Blattwerk keine Früchte mehr erkennen: In der Schule, am Arbeitsplatz, in der Gemeinde. Menschen werden abgeschrieben, Menschen, denen keiner mehr eine Frist einräumen will.

Das Bibelfenster

Hier kommentieren jede Woche Menschen aus dem Bistum Osnabrück eine Bibelstelle aus einer der aktuellen Sonntagslesungen – pointiert, modern und vor allem ganz persönlich.

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Ohne Mühe geht das nicht: Der Gärtner im Evangelium will den Baum hegen und pflegen, das Erdreich aufgraben und düngen. Not sehen und handeln! So wird diese Geschichte vom Feigenbaum zur Parabel für den Umgang miteinander in Familie, Kirche und Gesellschaft: Geduld miteinander haben, einander Chancen einräumen und einander Zeit geben; solidarisch füreinander handeln, Verhärtungen auflockern, einen guten Humus schaffen und vor allem: kein endgültiges Urteil fällen, wachsen lassen und nicht umhauen.

Wie der Gärtner sich beim Herrn des Weinbergs für den Feigenbaum einsetzt, so setzt Jesus sich beim Vater für alle ein, die verloren scheinen. „Lass ihn dieses Jahr noch stehen.“ Die knappe Frist macht deutlich, wie dringend und notwendig Umkehr ist. Ein gutes Bild für die gegenwärtige Fastenzeit.
Bestimmend bleibt aber das offene Ende der Parabel. Sie entlässt die Hörer in einen Raum der Hoffnung. Vielleicht trägt er doch noch Früchte. Aus manchem dürren Ast ist schon Wunderbares gewachsen.

Gerrit Schulte, Diakon