Alles, was Recht ist

Kirchenrecht – meist gestellte Fragen

Das Bischöfliche Offizialat ist das kirchliche Gericht des Bistums Osnabrück und für die innerkirchliche Rechtsprechung zuständig. In der Praxis machen die Verfahren zur Eheannullierung den größten Teil der Tätigkeit der Offizialate in Deutschland aus. Stefan Schweer ist Kanonist und im Bistum Osnabrück als Diözesanrichter und Referent für Kirchenrecht tätig. Er hat elf der meist gestellten Fragen zum Kirchenrecht beantwortet:

1. Was sind die Voraussetzungen für das Patenamt?
Wer Pate eines Täuflings oder Firmlings werden möchte, muss katholisch sein, selbst die Firmung empfangen und das 16. Lebensjahr vollendet haben. Wurde ein – wie auch immer vorgenommener – Austritt aus der Kirche erklärt, schließt das die Übernahme eines Patenamtes aus. Evangelische Christen können so genannte Taufzeugen sein, wenn zudem ein Katholik das Patenamt übernommen hat. Eltern sollen das Patenamt für ihre Kinder nicht übernehmen. Von dieser Regel wird im Zusammenhang mit der Firmung gelegentlich abgewichen. Wenn niemand da ist, der ein Patenamt übernehmen könnte, können Taufe oder Firmung auch ohne Paten gespendet werden.

Taufe, Bild: fotolia.de, tomy
Neben den Eltern übernehmen auch die Paten Verantwortung für den Täufling (Bild: fotolia.de, tomy)

2. Kann man Paten austauschen?
Manchmal kommt es vor, dass – aus welchen Gründen auch immer – ein übernommenes Patenamt nicht ausgeübt werden kann. Dann kann jemand anderes die Bereitschaft erklären, diesen Dienst zu übernehmen. Das ist aber kein „Austauschen“, sondern die Aufnahme einer weiteren Person in den Kreis jener, die eine Verantwortung für einen getauften Menschen übernehmen wollen. Der „neue“ Pate könnte später ganz offiziell Pate bei der Firmung sein.
Der bisherige Pate kann aber in den Kirchenbüchern nicht gestrichen werden, denn dieser hat beizeiten den Dienst übernommen und war in der Regel bei der Taufe anwesend, sodass er sie auch bezeugen könnte.

3. Wer kann kirchlich heiraten?

In der katholischen Kirche kann grundsätzlich jeder dazu befähigte Katholik die Ehe schließen. Voraussetzung ist, dass keine Ehehindernisse – zum Beispiel eine bestehende Ehe – vorliegen. Die personale Fähigkeit, eine Ehe schließen und führen zu können, muss zudem gegeben sein. Außerdem darf die Lehre der Kirche hinsichtlich der Ehe nicht abgelehnt werden. Dementsprechend bekennen die Brautleute sich bei der kirchlichen Trauung öffentlich zum sakramentalen Eheverständnis der katholischen Kirche. So werden Sie auch gefragt, ob sie bereit sind, die Kinder, die Gott ihnen schenkt, anzunehmen und im christlichen Glauben zu erziehen.

4. Können katholische Christen Ungetaufte kirchlich heiraten?

Katholische Christen können grundsätzlich jeden zu einer Ehe fähigen Menschen kirchlich gültig heiraten. Katholiken können Angehörige anderer christlicher Gemeinschaften heiraten, dann wäre eine Ehe gültig und sakramental. Heiraten katholische Christen ungetaufte Menschen – unabhängig davon, ob diese einer nichtchristlichen Religion angehören oder nicht – kommt eine gültige, allerdings keine sakramentale Ehe zustande, weil das Ehesakrament nur zwischen zwei Getauften entstehen kann.

Hochzeitspaar, Bild: fotolia.de, konradbak
Nach katholischer Auffassung spenden die Brautleute sich das Ehesakrament gegenseitig (Bild: fotolia.de, konradbak)

5. Ist die Firmung Voraussetzung für eine kirchliche Heirat?
Sicher ist es sinnvoll, wenn alle drei so genannten Initiationssakramente – Taufe, Firmung, Eucharistie – empfangen werden. Und so sollen Katholiken, die heiraten, auch gefirmt sein. Jedoch ist das keine unabdingbare Voraussetzung. In Einzelfällen ist eine Eheschließung auch ohne den vorherigen Empfang der Firmung denkbar. Möglicherweise kann dieser Aspekt im Zusammenhang einer Heirat eine noch tiefere Auseinandersetzung mit Glaubensfragen bedeuten und sogar eine Firmspendung mit sich bringen.

6. Kann man überall heiraten?

Theoretisch kann man überall die Ehe schließen, denn es kommt wesentlich auf den Austausch des Ehewillens der Brautleute vor einem Vertreter der Kirche sowie zwei Zeugen an. Aber weil die kirchliche Eheschließung immer auch Feier der Kirche ist, hat sie in einer Kirche, einer Kapelle oder an einem anderen passenden Ort mit einem kirchlichen Charakter stattzufinden. Wenn für eine Eheschließung zwischen einem katholischen und einem nichtkatholischen Partner eine Befreiung von der für Katholiken geltenden Form gewährt wurde, kann eine Eheschließung auch in einer anderen Form stattfinden, zum Beispiel in der evangelischen Kirche. Auch ist es möglich, außerhalb der Wohnsitzpfarrei zu heiraten. Dafür benötigt ein Brautpaar aber die Überweisung an jenen Ort und die Zustimmung des dortigen Ortspfarrers.

7. Sind Katholiken nach einer Scheidung exkommuniziert?

Auch wenn das immer noch zu hören oder zu lesen ist: Die staatliche Scheidung der Ehe hat für den Status eines Katholiken oder einer Katholikin keinerlei Auswirkung, weil eine nach katholischem Verständnis gültig geschlossene Ehe weiter als bestehend angesehen wird. Das heißt: Auch wenn die Ehe staatlicherseits geschieden wurde, hat sie vor der Kirche weiter Bestand. Schwierig wird es jedoch, wenn sich die Partner neu binden. Um die Frage, ob sie dann vom Empfang der Sakramente ausgeschlossen sind oder unter welchen Bedingungen sie Sakramente empfangen dürfen, wird seit Langem gerungen. Papst Franziskus hat für 2014 eine Bischofssynode einberufen, die sich auch mit dieser Fragestellung beschäftigen wird.

8. Kann eine Ehe kirchlich geschieden werden?

Eine Scheidung einer nach katholischem Verständnis gültig geschlossenen Ehe gibt es nicht. Jedoch kann man beim kirchlichen Gericht, dem Offizialat, prüfen lassen, ob eine Ehe eventuell ungültig geschlossen wurde. Im Offizialat wird in einem eigens dafür vorgesehenen Verfahren vollkommen unabhängig von anderen Stellen oder Personen untersucht, ob gegebenenfalls Gründe vorliegen, aufgrund derer festgestellt werden könnte, dass eine Ehe nicht gültig zustande gekommen ist. Solche Gründe können im Bereich des Ehewillens liegen (Wollte ein Partner beispielsweise keine unauflösliche Ehe?) oder auch die Persönlichkeit eines Partners betreffen (War ein Partner nicht in der Lage, die Bedeutung des Schrittes der Heirat wirklich zu realisieren? Konnte ein Ehepartner keine partnerschaftliche Beziehung aufbauen oder leben?). Sollte festgestellt werden, dass eine Ehe nicht gültig geschlossen wurde, spricht man von einer Annullierung der Ehe. Diese bedeutet nicht die Leugnung oder Negierung einer Lebenswirklichkeit – so bleiben z. B. eventuelle Kinder auch ehelich – sondern die Feststellung, dass am Anfang der Ehe etwas so gravierend defizitär war, dass keine gültige Ehe zustande kommen konnte. In Folge einer Eheannullierung könnten beide Partner erneut kirchlich heiraten. Weitere Informationen dazu finden sich in der Broschüre Kirchliche Wiederheirat – Informationen zum Verfahren der Feststellung einer kirchlich ungültigen Eheschließung.

Archivmaterial, Bild: fotolia.de, Anhees
Im Diözesanarchiv findet sich persönliche Daten und Erinnerungen aus hunderten Jahren Kirchengeschichte (Bild: fotolia.de, Anhees)

9. Wer darf Kirchenbücher einsehen?
Datenschutz wird auch in der Kirche groß geschrieben. In den Kirchenbüchern werden persönliche Daten auf Dauer festgehalten, insbesondere Sakramentenspendungen, aber zum Beispiel auch Angaben über die Herkunft. So dürfen nur autorisierte Personen – Pfarrer, Kaplan, Pfarrsekretärin – oder aber die „Besitzer“ der jeweiligen Datensätze Einsicht zum Beispiel in das Taufbuch nehmen. Dabei muss immer darauf geachtet werden, dass Rechte Dritter nicht beschädigt werden, dass also nicht unbefugt fremde Daten gelesen werden. Personen, die an Familienforschung interessiert sind, müssen sich an das Diözesanarchiv wenden.

10. Was bedeutet Profanierung einer Kirche?

Wird ein Kirchbau geweiht, wird er dazu bestimmt, Raum für den Gottesdienst oder das persönliche Gebet zu sein. Eine Kirche wird so einem ganz konkreten Zweck gewidmet. Diese Widmung geht verloren, wenn eine Kirche beispielsweise durch ein Feuer zerstört wird, oder durch einen Akt des Bischofs, wenn die Kirche aufgegeben werden muss.
Kann eine Kirche als solche nicht mehr mit ihrem eigentlichen Zweck gefüllt werden, kann die Zweckbestimmung durch den Bischof aufgehoben und das Gebäude einem anderen Zweck übergeben werden. Dieser Vorgang bedeutet Profanierung (profan = nicht heilig). Das kann zu einer anderen kirchlichen Bestimmung führen (Pfarrheim, Kolumbarium), aber auch zu einer Abgabe an einen rein weltlichen Zweck bis hin zum Abriss eines Gebäudes.


11. Wer darf Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand wählen?

Den Pfarrgemeinderat dürfen die Mitglieder der jeweiligen Pfarrei wählen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Auch können Katholiken, die woanders wohnen, zur Wahl zugelassen werden, wenn sie irgendwie in der Pfarrei engagiert sind. Unter den gleichen Bedingungen kann man auch in den Pfarrgemeinderat gewählt werden. Für Kinder unter 16 Jahren können die Eltern über das so genannte Familienwahlrecht quasi stellvertretend Stimmen abgeben.
Den Kirchenvorstand dürfen nur die Mitglieder der jeweiligen Pfarrei wählen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Wer in den Kirchenvorstand gewählt werden möchte, muss das 18. Lebensjahr vollendet haben. Unter bestimmten Umständen können auch Katholiken, die in einer anderen Pfarrei wohnen, in den Kirchenvorstand gewählt werden.